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Tamina Kutscher – Im Wandel: Russlanddeutsche in den Medien

Selbstbild und Fremdwahrnehmung von Russlanddeutschen klafften früher und zum Teil heute noch in der Öffentlichkeit deutlich auseinander. Ein Grund dafür war die Sprachlosigkeit auf der einen Seite und mangelnde Kenntnis auf der anderen. Dass sich dieser Umstand wandelt, hat auch mit neuen Projekten zu tun, die kompetente gesellschaftliche und historische Hintergründe liefern.

In dieser Folge sprechen wir mit Tamina Kutscher, Chefredakteurin von Дekoder, über diesen Wandel und darüber, wie das aktuelle Дekoder-Projekt „Russlanddeutsches Diarama“ diesen unterstützt.

Hier können Sie sich diese Folge anhören

Edwin: Ich beschäftige mich beruflich seit einiger Zeit mit dem Thema Russlanddeutsche. Ira, du hast dein Interesse erst vor einigen Jahren dazu entwickelt. Womit hat es bei dir angefangen? 

Ira: Ich interessiere mich schon länger für die Geschichte der Russlanddeutschen. Aber ich habe das nie öffentlich gemacht. Bis im Herbst 2017 mich die Berichterstattung über Russlanddeutsche erschreckte. Das fing schon früher an mit dem „Fall Lisa“. Dann ging es auf die Bundestagswahl zu. Russlanddeutsche wurden in einem Bild gezeichnet, das mir vollkommen fremd war: AfD-nah und putinhörig. Und so fing ich an zu recherchieren und bin zum ersten Mal als Journalistin mit diesem Thema in die Öffentlichkeit getreten. Seitdem schreibe ich nicht nur über russlanddeutsche Themen, sondern halte auch Vorträge oder organisiere Workshops oder mache zum Beispiel auch den Podcast mit dir, weil es mir wichtig ist, dass in der Öffentlichkeit ein authentisches Bild von Russlanddeutschen vermittelt wird. Ich habe das Gefühl, dass sich seit 2017 viel getan hat. Es gibt immer mehr junge Journalist:innen, die auch russlanddeutsche Migrationsgeschichte haben, und diese Themen öffentlich verarbeiten. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Projekte, die sich mit russlanddeutschen Themen beschäftigen und dazu gehört auch Дekoder. Was ist denn Дekoder?

Tamina Kutscher: Дekoder ist eine Plattform zu Russland und inzwischen auch Belarus. Wir entschlüsseln diese Länder, das heißt wir übersetzen unabhängige Medien aus Russland und Belarus ins Deutsche und liefern sehr viel Kontext, der bei uns von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kommt. In einem Dossier entschlüsseln wir seit Oktober 2020 auch die Russlanddeutschen, nämlich im Russlanddeutschen Diarama, das wir zusammen mit dem Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa (IKGN) und auch mit einem Lehrprojekt der Uni Hamburg. Dass wir überhaupt uns mit Russlanddeutschen beschäftigen, liegt an der Beschäftigung mit dem postsowjetischen Raum. Das Thema ist besonders interessant, weil es ja auch deutsche Geschichte ist und weil wir merken, dass in den Medien teilweise sehr einseitig, sehr pauschalisierend über diese Gruppe gesprochen wird, und genau darum ging es uns: das mit Artikelübersetzungen und mit Hilfe der Wissenschaft zu zeigen. 

Edwin: Tamina Kutscher ist Chefredakteurin bei Дekoder. Das Russlandportal wurde 2016 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet und gibt es schon seit 2015.

Ira: Viele fragen sich vielleicht, ob du auch russlanddeutsche Wurzeln hast oder wie du überhaupt zu diesem Thema gekommen bist?

Tamina Kutscher: Ich habe keine russlanddeutschen Wurzeln, aber meine Beschäftigung mit Russlanddeutschen ist trotzdem biographisch begründet. Mein Vater kommt aus einer sudetendeutschen Familie. Anfang der 1990er Jahre, als eine Debatte um die Russlanddeutschen entbrannte und deren Berechtigung nach Deutschland einzuwandern, war mein Vater unglaublich solidarisch mit diesen Menschen. Er identifizierte sich mit den Russlanddeutschen, weil es da Parallelen gibt zu seiner eigenen Geschichte. Seine Eltern mussten damals als Flüchtlinge auch bei Null anfangen und waren auch anders sozialisiert. Das hat mich damals beschäftigt und geprägt. Ich habe mich auch dann während meines Volontariats mit Russlanddeutschen beschäftigt.

Ira: An wen richtet sich denn euer Angebot und wie sind die Rückmeldungen?

Tamina Kutscher: Дekoder richtet sich an alle, die sich für Russland interessieren. Mit „dekodieren“ meinen wir wirklich ein Übersetzen im besten Sinne des Wortes, weil wir gemerkt haben, dass es nicht reicht einzelnen Wörter zu übersetzen, weil die zum Teil ganz anders konnotiert sind. Was das russlanddeutsche Diarama angeht, ist vielleicht interessant, dass wir uns nicht nur an eine russlandinteressierte Leserschaft wenden, sondern wirklich an die gesamte deutsche Gesellschaft und die Rückmeldungen sind im Grunde auch so, dass das aufgeht. Unser Ziel war es, über russlanddeutsche Identitäten zu informieren, über Identitätsfragen und die Geschichte. Wir haben zum Beispiel eine Gnose von Viktor Dönninghaus, vom IKGN. Die heißt „Russlanddeutsch gemacht“ und die beschäftigt sich damit, dass es bis 1941 keine Schicksalsgemeinschaft der Russlanddeutschen gab. Das ist was, was von außen passiert ist. Das Diarama ist jetzt auch für den Grimme-Online-Award nominiert.

Edwin: Deine Familie war habsburgisch geprägt und musste sich plötzlich als deutsch identifizieren und sich in das deutsche Erinnerungskollektiv integrieren. Wo siehst du Herausforderung im Umgang zum Beispiel mit den Erinnerungsmotiven und der Geschichte der Russlanddeutschen im heutigen Deutschland?

Tamina Kutscher: Spannend finde ich, dass es die etablierte Erinnerung an die Deportation zum Beispiel gibt. Es gibt unterschiedliche Narrative, die zum Teil auch noch sowjetische-ideologisch aufgeladen sind. Es gibt in den Familien oft ein traumatisches Schweigen über Generationen hinweg. Die Russlanddeutschen konnten erst in den 1990er Jahren anfangen, sich mit dieser Geschichte auseinander zu setzen. Auch den Opferdiskurs gibt es nicht.

Edwin: Und auf der anderen Seite setzt sich die Mehrheitsgesellschaft auch wenig mit diesen Fragen auseinander. Wenn es um die Geschichte der Russlanddeutschen geht, dann geht es meist um die „Geschichte da drüben“. Aber für die junge Generation, für die Mitgebrachten, ist es sinnstiftend seine Geschichte auch hier begründet zu sehen: in den offiziellen historischen Diskursen Deutschlands in der Nachkriegszeit. Wo könnte man mit diesem „sowjetischen Gepäck“ anknüpfen? An den Debatten über Geschichte oder Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur zum Beispiel oder Aufarbeitung des SED-Regimes in der DDR?

Tamina Kutscher: Es wäre schon hilfreich, wenn man sich in den einzelnen bundesdeutschen Familien auch mehr an die eigene Migrationsgeschichte, die so nicht genannt wird, erinnern würde. Die gab es ja in tausenden Familien und viele haben wahrscheinlich ein ähnliches Schicksal. Es gab auch ganz viele, die von der DDR in den Westen gegangen sind. Jeder hat Migrationsgeschichten in der eigenen Familie und ich glaube, wenn man sich damit auseinandersetz und auch mit einem zeitlichen Abstand, kann man an viele, vielleicht schmerzhaften Fragen viel leichter rühren. Das ist der Vorteil der Nachgeborenen, die wir nicht mehr so emotional involviert sind. Wir haben die Chance, hier mit dem zeitlichen Abstand gemeinsame Geschichten oder Parallelen zu finden.

Ira: Du hast vorhin das Opfernarrativ im russlanddeutschen Zusammenhang angesprochen. Was gar nicht thematisiert wird ist, dass Täternarrativ: Inwiefern waren Russlanddeutsche möglicherweise auch auf der Täterseite während des zweiten Weltkrieges? Das ist eine Art Tabuthema. Hier gibt es über beispielsweise Schwarzmeerdeutsche aktuell im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte eine Ausstellung.

Edwin: Ich persönlich habe ein bisschen Schwierigkeit mit dem Begriff „Opfernarrativ“. Für mich persönlich wäre es wichtig, wenn eine Person, die von dieser Biographie betroffen ist, es differenziert erklären kann. Was meint man, wenn man vom Opfernarrativ spricht?

Tamina Kutscher: Mit dem Opfernarrativ meint man dieses Betonen der Deportationsgeschichte. Die Betonung dessen, dass man eben als Deutscher in der Sowjetunion Repressionen ausgesetzt war und als Deutscher besonders gelitten hat. Die Kritik daran ist, dass beispielsweise die zweite oder dritte Generation sich nicht darauf reduzieren lassen möchte oder sich damit nicht identifiziert, weil sie selbst eine andere Realität erlebt hat.

Edwin: Man kommt nicht um dieses Thema umher, weil es ist die Legitimationsgrundlage für die Aussiedlung nach Deutschland ist: Die Anerkennung dieses Kriegsfolgenschicksals durch die Bundesrepublik Deutschland begründete den Status des Aussiedlers. Man beschäftigt sich mit dieser Sache aber natürlich immer im Kontext der aktuellen Debatten über Geschichte und das macht es spannend.

Tamina Kutscher: Die große Chance ist, dass dieser Legitimationsdruck hoffentlich wegfällt. Seit mehr als 30 Jahren leben auch Russlanddeutsche in der Bundesrepublik Deutschland. Es wäre fatal, wenn sie sich noch immer rechtfertigen müssten, warum sie überhaupt hier sind.

Edwin: Es gibt viele andere interessante Aspekte in der russlanddeutschen Geschichte. Zum Beispiel, wenn es um postkoloniale Geschichtsdebatten geht: Welche Rolle nahmen denn die deutschen Kolonisten im 18. Jahrhundert bei der Kolonisierung der Grenzregion des russischen Reiches ein? Wie sehen das heute die einzelnen Nachfolgestaaten der Sowjetunion und ihre Gesellschaften?

Tamina Kutscher: Das ist wahnsinnig spannend und das Interessante daran ist, dass man immer aus einem modernen Nationalitätenkonzept auf diese Geschichte sieht. Hätte man Russlanddeutsche im Russischen Reich gefragt, ob sie Deutsche sind, hätten sie wahrscheinlich geantwortet „Ich bin Lutheraner“ oder „Ich bin Bauer“ oder “ein erfolgreicher Unternehmer in der Stadt“. Aber die hätten nicht gesagt „Ich bin Deutscher“. Das ist etwas, was wir heute gar nicht verstehen. Dieses Nationalitätenkonzept entstand erst mit der Moderne. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Russlanddeutschen hat sich erst nach und nach durch externen Druck entwickelte, als sich nationale Fragen verschärften und die Deutschen auf einmal die Deutschen in Russland waren, obwohl einzelne soziale Gruppen überhaupt keine Bezüge zueinander hatten.

Ira: Für das Diarama habt ihr mit unterschiedlichen Wissenschaftler:innen in Deutschland zusammengearbeitet. Kannst du beschreiben, was dabei Trends in der Forschung und in den Medien rund um Russlanddeutsche sind?

Tamina Kutscher: In der Forschung insgesamt tut sich gerade sehr viel, was postkoloniale Forschung oder Transformationsforschung angeht. Wenn ich an Wissenschaftler wie Jannis Panagiotidis zum Beispiel denke. Oder es gibt ein großes DFG-Forschungsprojekt über die Ambivalenzen des Sowjetischen. Dahingehend wird sehr viel geforscht. Tendenzen in der medialen Debatte gibt es ganz unterschiedliche. Zum einen hat sich die mediale Debatte schon etwas differenziert dadurch, dass Russlanddeutsche im medialen Diskurs vernehmbarer sind. Es gibt eueren Podcast, es gibt X3 und so weiter. Ganz unterschiedliche Projekte, die Russlanddeutschen eine Stimme geben und gleichzeitig kommt auch negative Aufmerksamkeit, die ausgelöst wird wie durch den „Fall Lisa“ oder dann 2017 als es hieß, alle Russlanddeutschen wählen AfD. Dann gab es eine Studie dazu, die das widerlegt hat und gezeigt hat, dass das Wahlverhalten der Russlanddeutschen dem der Mehrheitsbevölkerung entspricht. Das hört man dann wieder weniger oder das wird in der Berichterstattung nachgeschoben und geht dann eher unter. Aber ich denke schon, dass diese Negativschlagzeilen auch ausgelöst haben, sich eingehender und differenzierter mit Russlanddeutschen zu beschäftigen. Ein Versuch ist ja auch unser Diarama. 

Ira: Und was sind aktuelle Themen?

Tamina Kutscher: Da habe ich zwei Negativthemen. Das eine ist die Schäferhündchen-Debatte, die durch diesen unseligen Tweet eines Spiegelautors hochgekocht ist. Was aber auch ein sehr interessantes Phänomen ist, denn der Autor ist selbst Migrant. Also, man würde denken, er sollte es besser wissen und hier nicht mit irgendwelchen Stereotypen hantieren, aber das weiß er nicht besser. Dazu gab es eine Debatte und wir haben dazu auch einen Beitrag im Diarama von Jannis Panagiotidis. Dann jetzt kürzlich wieder ein sehr einseitiger und stereotypbehafteter Artikel im Tagesspiegel darüber, dass die Russlanddeutschen sich nicht impfen lassen. Das sind Beispiele dafür, dass Russlanddeutsche noch immer als ein homogener Block und sehr stereotyp wahrgenommen wird. Aber ich würde sagen, es gibt auch viele Positivbeispiele.

Edwin: Jeder Vierte hat ja mittlerweile einen Migrationshintergrund, wenn nicht selbst, dann in der Generation der Eltern. Was glaubst du, wie könnte sich die Sichtweise über die deutsche Geschichte ändern, wenn nach und nach in einer Migrationsgesellschaft, die wir ja sind, die Perspektiven der Dazugekommenen immer mehr aufgenommen werden? Welches Bild von Deutschland haben wir irgendwann mal? 

Tamina Kutscher: Ich glaube, dass das ein facettenreicheres Bild wird. Unser Diarama zum Beispiel, haben wir ja zu 30-Jahren Deutscher Einheit herausgegeben und das war angestoßen, durch eine Podiumsdiskussion, die über migrantische Perspektiven auf die Deutsche Einheit ich moderiert habe. Es hat mir gezeigt, dass unsere Vorstellung nicht nur von: Was deutsche Geschichte ist, sondern auch wer alles auf diese Geschichte schaut und wie viele unterschiedliche Perspektiven auf diese Geschichte es gibt. Und welche Geschichte wir inzwischen gemeinsam geschrieben haben. Das sind die Themen, die jetzt erst kommen.

Ira: Jetzt haben wir ganz viele unterschiedliche Themen angerissen. In dieser Folge möchten wir euch dazu einladen, in die nächsten Folgen reinzuhören, die wir gemeinsam mit Дekoder produzieren werden. Wir werden unterschiedliche ExpertInnen beispielsweise zum Thema Deportation befragen, die sich in diesem Jahr zum 80ten Mal jährt.

Edwin: Und wichtig ist für uns, wie passt man eben diese Kollektiverinnerung der Russlanddeutschen in die deutschen Nachkriegsgeschichte ein. Und wie können wir sie damit auch bereichern.

Das Thema der Russlanddeutschen wird gefördert und es gibt einen politischen Willen, diese Sachen auch zu befördern. Ob es jetzt die Beauftragte für Kultur und Medien oder das Bundesinnenministerium, über die Bundeszentrale für politische Bildung sind, die zum Beispiel vorletztes Jahr ihr Heft „Information für politische Bildung“ erneuert haben. Oder dass es auch Förderung vom Auswärtigen Amt zum Beispiel gibt. Und wie du schon sagst, einerseits geht es um die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts aber auf der anderen Seite gibt es auch Möglichkeiten über das gemeinsame Kulturerbe mit den Herkunftsstaaten der Aussiedler im Kontakt zu bleiben. Und da hast Du Ira jetzt ein Stipendium als Stadtschreiberin von Odessa bekommen und bist das nächste halbe Jahr am schönen Schwarzen Meer. Du fährst im Auftrag des Deutschen Kulturforums östliches Europa hin. Kannst du uns was zu dieser Institution erzählen und zu den Sachen, mit denen du dich wirst in „Odess“ beschäftigen?

Ira: In Odess, genau. Ja, also in zwei Wochen geht es los. Das Deutsche Kulturforum östliches Europa ist eine Institution in Potsdam, die sich für eine zukunftsorientierte Auseinandersetzung mit der Geschichte jener Gebiete im östliche Europa engagiert, in denen früher Deutsche gelebt haben, zum Beispiel im Schwarzmeerraum. Meine Aufgabe wird es dann vor Ort sein über das Stadtgeschehen in Odessa zu schreiben aber auch generell über die Schwarzmeerregion und über die Ukraine, über die doch recht wenig bekannt ist. Ich freue mich, wenn ich dann mit meinen journalistischen Beiträgen dazu beitragen kann, dass die Leute hier in Deutschland mehr über die Ukraine erfahren. Mein Fokus wird auf der Geschichte der Deutschen im Schwarzmeerraum liegen und der jüdischen Geschichte. Mein Aufenthalt dort wird auch Anlass sein, dass Edwin und ich auch mindestens eine Folge zu den Schwarzmeerdeutschen produzieren werden und zwar auch gemeinsam mit Дekoder und dem IKGN.

Edwin: Ich bin schon sehr gespannt auf deine Geschichten und deine Berichte aus Odessa. Das wird bestimmt eine sehr interessante Zeit für dich und für uns sein. Für deine Leser wird es einen interessanten Input geben, uns ein bisschen geistig zu bereichern und unseren Horizont zu erweitern. 

Tamina Kutscher: Ich finde es so schön, weil man merkt, dass durch Menschen wie dich, solche Grenzgänger, dieser Kulturraum offenbleibt.

Edwin: Tamina, warst du schon mal in der Steppe?

Tamina Kutscher: Nein. Allerdings war ich ein Semester lang in Kasan und das erzähle ich deswegen, weil man dort einen ganz anderen Blick auf Russland bekommt. Das ist eben nicht dieses russische Russland, wie vielleicht in Moskau oder Petersburg, sondern dort leben Tartaren, ein Turkvolk, das auch muslimischen Glaubens ist. Und man bekommt da diesen Eindruck vom Vielvölkerreich, von dem immer wieder die Rede ist. Dort sieht man auch übrigens, dass obwohl es mitunter auch mal Probleme gibt, alle auch sehr friedlich zusammenleben. Zum Beispiel haben viele Tartaren, die ich dort getroffen habe mir immer erzählt: Ja, wir vertreten den Euro-Islam. Es war einfach interessant, einen ganz anderen Blick auf dieses sehr multiethnische Russland zu bekommen.

Edwin: Wir haben uns auch mal mit Gusel Jachina darüber unterhalten, weil die Russlanddeutschen und die Tartaren auch einiges gemeinsam haben, und zwar die Wolga, als einen zentralen Erinnerungsort in ihren Kulturen. Sowohl die Tartaren als auch die Wolgadeutschen und das ist ein schönes verbindendes Element. 

Ira: Tamina, wir freuen uns sehr auf unsere Kooperation. Wir hoffen, dass wir mit unserem Podcast auch ein bisschen euer Diarama bereichern werden, vielen Dank!