Russlanddeutsche Mennoniten im europäischen Kontext verortet
Museum als Aussteller bei der 10. Mennonitischen europäischen Regionalkonferenz
Erstmalig beteiligte sich das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte an der Mennonitischen europäischen Regionalkonferenz (MERK) im französischen Montbeliárd. Insgesamt leben circa 500.000 Russlanddeutsche in der Bundesrepublik, die konfessionell mennonitische Wurzeln haben. Etwa 350.000 Personen partizipieren regelmäßig am Angebot von Kirchengemeinden, mit russlanddeutsch-mennonitischem Hintergrund.
Die mennonitische Konferenz will Austausch und Begegnung zwischen den Mitgliedern und Freunden aller Mennonitengemeinden fördern und findet alle sechs Jahre statt. Die 10. Versammlung fand im Kulturzentrum „Axone“ in Montbéliard statt, wobei die Vereinigung der evangelisch-mennonitischen Gemeinden Frankreichs Gastgeberin der MERK 2018 war. Ca. 1000 Dauerteilnehmende sowie nochmal 1000 Tagesgäste nahmen an der viertägigen Veranstaltung teil. Aus verschiedenen Ländern wie Deutschland, Schweiz, Niederlanden, Frankreich, Portugal, Spanien, Ukraine, Italien, England, Polen, Serbien, Albanien, Litauen, USA, Syrien, Kanada etc. waren sie angereist.
Ein Highlight der Konferenz war die zweistündige Multimedia-Show zur Eröffnung. Diese beinhaltete die Frage, wie ein Erbe der Friedenstheologie heute zu vermitteln sei. Die Mennoniten zählen aufgrund der besonderen Betonung der Bergpredigt Jesu als historische Friedenskirche, die aus der Reformation vor 500 Jahren entstanden ist. Etwa hundert Schauspieler und Musiker aus ganz Europa beteiligten sich an der Show, die mit Spezialeffekten, Zeichentrickfilmen etc. untermalt wurde. Die Darbietung reflektierte die Täufergeschichte, die mit dem Wirken Jesu in Palästina in den Jahren 30 und 33 begann und in die Anfänge des Täufertums im 16. Jahrhundert in der Schweiz weiterführte. Da die Mennoniten 500 Jahre lang selbst Migranten waren, wurde auch die Frage nach dem Umgang mit den Geflüchteten in Europa aufgenommen und in die Show integriert.
Das Museum stellte auf eine Fläche von knapp 100 qm mit authentischem Material und besonderen Exponaten die 250-jährige Geschichte der russlanddeutschen Mennoniten aus. Auf Einladung Katharina der Großen wanderten Ende des 18. Jahrhunderts Tausende Mennoniten aus der Region um Danzig, Westpreißen, nach Südrussland, in die heutige Ukraine, aus. Insbesondere die Aussicht auf Religionsfreiheit, Befreiung vom Militärdienst und Landerwerb waren Anlass für die Auswanderung. Allerdings wurden ebendiese Privilegien ab den 1920er Jahre durch die neu entstandene kommunistische Sowjetunion aufgelöst und die Mennoniten sahen sich massiven Repressalien teilweise bis in die späten 80er Jahre ausgesetzt. So stellen die Bronzeskulptur „Der Leidenswesg“ von Jakob Wedel die Deportationswellen der deutschen Bevölkerung nach Sibirien und die geheime Druckmaschine die Aktivitäten der Untergrundkirche dar. Etwa zwei Drittel der 2,4 Mio nach Deutschland eingewanderten Russlanddeutschen gehören den protestantischen Kirchen an, etwa 350.000 besuchen aktuell regelmäßig Freikirchen mennonitischen Ursprungs. Museumsdirektor Kornelius Ens zeigt sich beeindruckt: „Es ist ein beeindruckendes Signal des Interesses, das die Russlanddeutschen mit mennonitischem Hintergrund auf gesamteuropäischer Ebene erfahren dürfen. Als Museum waren wir einer der größten Aussteller der Konferenz und konnten in Seminaren die Besonderheit der russlanddeutschen Mennoniten hervorheben. Über die neu entstandenen internationalen Freundschaften freuen wir uns sehr.“