Einladung zur wissenschaftlichen Tagung
„Der sowjetische ‚neue Mensch’. Transformationen des russlanddeutschen kulturellen Gedächtnisses - Ideal, Realität und Nachwirkungen bis in die Gegenwart“
Die Figur des „Neuen Menschen“ zählte zu den zentralen ideologischen Konstruktionen der Sowjetunion. Von den 1920er Jahren bis zum Zerfall des sowjetischen Staates durchzog die Vision eines moralisch gefestigten, kollektiv orientierten und arbeitsamen Menschen politische Programme, kulturelle Ausdrucksformen und soziale Praktiken. Dieses Ideal prägte auch das Selbst- und Fremdbild der Russlanddeutschen und wirkt in unterschiedlichen Formen bis in die Gegenwart nach. Die Tagung untersucht interdisziplinär, wie dieses Menschenbild politische Programme, kulturelle Ausdrucksformen und gesellschaftliche Praktiken prägte, welche Spannungen sich zwischen Anspruch und Realität zeigten und welche Spuren bis heute – insbesondere in den Biografien russlanddeutscher Migrantinnen und Migranten – sichtbar sind. In drei thematischen Panels werden Konstruktionen und Brüche des Ideals, seine kulturellen Repräsentationen und Nachwirkungen sowie die Folgen für Erinnerungskulturen diskutiert. Ziel ist es, historische Erfahrungen kritisch zu reflektieren und Impulse für gegenwärtige Debatten in unserer pluralen Migrationsgesellschaft zu geben.
Die Veranstaltung bringt Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen zusammen, um das Menschenbild der Sowjetunion und seine Wirkungen auf Biografien, Identitäten und Kulturen zu diskutieren.
📅 14. – 15. November 2025
📍 Veranstaltungsort:
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Georgstraße 24
32756 Detmold
Anmeldung:
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Andreas Schiller | Veranstaltungskoordinator
E-Mail.:
Der Eintritt ist frei.
Um Anmeldung wird bis zum 31.10. gebeten.
Ablauf
Freitag, 14. November
15:00 UHR- BEGRÜSSUNG UND EINFÜHRUNG
Kornelius Ens & Mitarbeitende
(Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte)
16:30 UHR- PANEL I: KONSTRUKTIONEN UND WIDERSPRÜCHE DES "NEUEN MENSCHEN"
Moderation: PD Dr. Hans-Christian Petersen
Prof. Dr. Victor Donninghaus
(Nordost-Institut Lüneburg)
'Im Kommunismus werden die Menschen neu erschaffen'. Der Kommunistische Jugendverband und die Russlanddeutschen (1920er/1930er Jahre)
Erika Lorenz
(Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)
"Nemcy fašisty" - Worte, die formen: Zum „Neuen Menschen“ durch Scham und Beschämungspraktiken
Roberta Bartkutė
(Humboldt-Universität zu Berlin)
"Ich bin ein ehrlicher Mensch, der für sein Land arbeitet“: die Kreml-Kinder als die ,,neuen sowjetische Menschen“
Samstag, 15. November
09:30 UHR- PANEL II: KULTURELLE REPRÄSENTATIONEN UND REZEPTIONEN DES SOWJETISCHEN "NEUEN MENSCHEN" BIS IN DIE GEGENWART
Moderation: Kornelius Ens
Dr. Dmytro Myeshkov
(Nordost-Institut Lüneburg)
Von karatel' zum neuen sowjetischen Menschen: Versuch einer ukrainedeutschen Kollektivbiografie
Alexandra Kolesnikova
(Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)
Sowjetdeutsche Kriegskinder in der Sowjetunion in der Spannung zwischen Diskriminierungserfahrungen und gelungener Integration
Natalja Böhm
(Mykola Haievoi Center for Modern History)
Religiöse Gemeinschaft und sowjetisches Ideal: Russlanddeutsche Freikirchen im 20. Jahrhundert
Nico Wiethof
(Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte)
Die Konstruktion des „neuen sowjetischen Menschen“ am Beispiel von Jakob Gering
12:00 UHR- PANEL III: FOLGEN FÜR INDIVIDUELLE UND KOLLEKTIVE ERINNERUNGSKULTUREN IM KONTEXT DER UMERZIEHUNG ZUM "NEUEN MENSCHEN"
Moderation: Prof. Dr. Jannis Panagiotidis
Johannes Dyck
(Vrije Universiteit Amsterdam)
Die Aufrechterhaltung des russlanddeutschen kulturellen Gedächtnisses vor der Oktoberrevolution 1917 am Beispiel der Mennoniten
Dr. Nino Aivazishvili-Gehne
(Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg)
Das sowjetische Konzept der Kul'turnost im postsozialistischen und postmigratorischen Kontext
Dr. Felix Riefer
(Universität Freiburg)
Die Wissenslücken über die ,Deutschen aus Russland' schließen - Zur Problematik des Begriffs Homo Sovieticus
13:30 UHR - ABSCHLUSS
Mittagessen (Fingerfood)
Die Veranstaltung ist eine gemeinsame Kooperation vom Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa, dem Research Center for the History of Transformations, dem Kulturreferat und dem Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte.