Zur Definition
Wer sind die Russlanddeutschen?
von Jun-Prof. Dr. Jannis Panagiotidis
Als "Russlanddeutsche" werden die Nachfahren von Siedlern aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa bezeichnet, die sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in verschiedenen Regionen des Russischen Reiches niedergelassen hatten. Als Sammelbezeichnung gibt es diesen Begriff erst seit dem 20. Jahrhundert. Zuvor standen die konfessionellen und regionalen Unterschiede zwischen den evangelischen, katholischen und mennonitischen Kolonisten an der Wolga, im Schwarzmeergebiet, in Wolhynien, im Kaukasus und in anderen Regionen des Russischen Reiches im Vordergrund. Die Vorstellung eines einheitlichen "Russlanddeutschtums" war gleichermaßen Produkt der sowjetischen Nationalitätenpolitik wie der deutsch-völkischen Imagination der Zwischenkriegszeit.[1] Die geteilte Verfolgungs- und Diskriminierungserfahrung vor allem in der Zeit während und nach dem Zweiten Weltkrieg führte zur Entstehung einer realen russlanddeutschen "Schicksalsgemeinschaft".[2] Heute lebt der Großteil der Nachfahren der Kriegsgeneration als Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland.
RUSSLANDDEUTSCHE IN DER GESCHICHTE
RUSSLANDDEUTSCHE IN DER BUNDESREPUBLIK HEUTE
Dieser Artikel ist Teil des Kurzdossiers Russlanddeutsche der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier geht’s zum Link.
Fußnoten
- Hans-Christian Petersen, The Making of Russlanddeutschtum. Karl Stumpp oder die Mobilisierung einer 'Volksgruppe' in der Zwischenkriegszeit, in: Silke Göttsch-Elten, Cornelia Eisler (Hg.): Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit. Wissenschaftliche Konzeptionen, mediale Vermittlung, politische Funktion. Münster, New York 2017 S. 163-191.
- Viktor Krieger, Bundesbürger russlanddeutscher Herkunft: historische Schlüsselerfahrungen und kollektives Gedächtnis, Berlin 2013.
- Als Überblick siehe Viktor Krieger, Kolonisten, Sowjetdeutsche, Aussiedler: eine Geschichte der Russlanddeutschen, Bonn 2015.
- Jochen Oltmer, "Volksdeutsche fremder Staatsangehörigkeit". Grenzen privilegierter Migration in der Weimarer Republik, in: Ders. (Hg.), Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert, Berlin 2015, S. 483-502, hier S. 492.
- Victor Dönninghaus, Minderheiten in Bedrängnis. Sowjetische Politik gegenüber Deutschen, Polen und anderen Diaspora-Nationalitäten 1917-1938, München 2009.
- Krieger, Kolonisten, S. 11.
- György Dalos, Geschichte der Russlanddeutschen. Von Katharina der Großen bis zur Gegenwart, München 2014, S. 203.
- Lothar Weiß (Hg.), Russlanddeutsche Migration und evangelische Kirchen, Göttingen 2013.
- Ingrid Tucci, Lebenssituation von Migranten und deren Nachkommen, in: Datenreport 2016. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2016, S. 243,
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Datenreport/Downloads/Datenreport2016.pdf?__blob=publicationFile.